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Pressegespräch am 12.04.2011
Datum: 12.04.2011
Kurzbeschreibung:
1. Das Oberlandesgericht Karlsruhe
Das Oberlandesgericht Karlsruhe geht zurück auf das badische Oberhofgericht, das 1803 errichtet wurde. Mit der Verleihung der Kurfürstenwürde an Baden hatte der neue badische Staat zugleich eine eigene Gerichtshoheit erhalten.
Das Oberhofgericht hatte seinen Sitz zunächst bis 1810 in der früheren Residenz des Fürstbischofs von Speyer im Bruchsaler Schloss, sodann bis 1879 im Mannheimer Schloss. Im Zuge der Neuorganisation der Gerichtsbarkeit nach der Reichsgründung wurde das Oberhofgericht im Jahre 1879 in das Oberlandesgericht umgewandelt und sein Sitz von Mannheim nach Karlsruhe verlegt; damals bestand die Richterschaft aus dem Präsidenten, 2 Senatsvorsitzenden und 17 Räten. Seit 1902 befindet sich das Oberlandesgericht am heutigen Standort in der Hoffstraße 10.
Untergeordnet waren zunächst als Mittelinstanz vier Hofgerichte, an deren Stelle 1864 fünf Kreis- und Hofgerichte und sechs einfache Kreisgerichte traten. In erster Instanz entschieden die zur Verwaltung gehörenden Bezirksämter, aus denen 1857 die selbständigen Amtsgerichte ausgegliedert wurden. Das Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze 1879 veränderte die Gerichtsstruktur in Baden nur unwesentlich. Die sieben noch bestehenden Kreisgerichte wurden zu Landgerichten umbenannt in Freiburg, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim, Mosbach, Offenburg und Waldshut; 1899 kam das Landgericht Heidelberg und 1950 das Landgericht Baden-Baden hinzu.
Als nach dem 2. Weltkrieg im südlichen Teil Badens (in der französischen Besatzungszone) ein eigenes Land Baden geschaffen worden war, war auch Freiburg für wenige Jahre Sitz eines Oberlandesgerichts. Nach Gründung des Südweststaates Baden-Württemberg im Jahre 1952 wurde Freiburg für den Abzug des Gerichts dadurch entschädigt, dass für Verfahren aus dem südbadischen Raum Außensenate, die noch heute bestehenden Freiburger Senate des Oberlandesgerichts Karlsruhe, gebildet wurden (vgl. Anordnung des Justizministeriums BW vom 19.6.1953, Die Justiz S. 149).
Seinen noch heute bestehenden Zuschnitt erhielt der Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe schließlich durch die Gebietsreformen der 70er Jahre, in denen an einigen Stellen die alten historischen Grenzen zwischen Württemberg und Baden verwischt wurden.
Derzeit befinden sich im Bezirk des Oberlandesgerichts 9 Landgerichte und 52 Amtsgerichte, darunter die Präsidentenamtsgerichte Mannheim, Karlsruhe und Freiburg. Im Bezirk arbeiten (Stand: 31.12.2010) 765 Richterinnen und Richter (im Oberlandesgericht: 95, in den Landgerichten: 276 und in den Amtsgerichten: 394) mit insgesamt 681 AKA. Hinzu kommen im Bezirk 2.455 Mitarbeiter in allen Diensten. Bundesweit einmalig ist die badische Ausprägung des Amtsnotariats, das hier - anders als im Württembergischen Landesteil - von Volljuristen im Landesdienst mit der Amtsbezeichnung Justizrat, Oberjustizrat und Notariatsdirektor ausgeübt wird. Die badischen Amtsnotare sind auch Nachlass- und Grundbuchrichter. Im Bezirk sind 151 Notare mit 1885 Mitarbeitern in allen Diensten tätig.
Der Personalkörper im Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe beträgt damit insgesamt 5.256 Mitarbeiter.
Eines der großen Reformprojekte, das von dem Oberlandesgericht Karlsruhe derzeit mit betreut wird, ist die am 28. Juli 2010 politisch endgültig beschlossene Notariatsreform. Eine 8-jährige Übergangsregelung sieht u. a. einen Statuswechsel hin zum freiberuflichen Notariat und für die bisherigen badischen Amtsnotare die Eingliederung in die Justizverwaltung oder die Gerichtsbarkeit vor. Parallel dazu wird mit der ebenfalls vom Oberlandesgericht Karlsruhe mit betreuten Grundbuchreform der Übergang des bislang staatlichen Grundbuchwesens in ein elektronisch und zentral geführtes Grundbuch angestrebt. Die bislang 662 bei den Kommunen angesiedelten sowie die elf staatlichen Grundbuchämter des Landes sollen dabei bis spätestens 1. Januar 2018 auf insgesamt elf Standorte in Baden-Württemberg konzentriert werden.
2. Statistik des Oberlandesgerichts Karlsruhe
Im Jahr 2010 wurden beim Oberlandesgericht 8.917 (Vorjahr: 8.508) neue Rechtssachen anhängig. Davon waren 4.010 Zivilsachen (Vorjahr 4.029), 2.512 Familiensachen (Vorjahr 2.104) und 2.395 Strafsachen (Vorjahr 2.375). Die Verfahren stiegen somit um 4,8 %, die Familiensachen alleine um 19,4 %.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug bei strafrechtlichen Revisionen 3,1 Monate und in Rechtsbeschwerden 2,0 Monate, in Familiensachen (Berufungen) 6,3 Monate und in Zivilsachen (Berufungen) 10,3 Monate.
3. Statistik der Land- und Amtsgerichte im Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe
Bei den Landgerichten sind im letzten Jahr 24.759 (Vorjahr: 28.774) Rechtssachen in Zivil- und Strafsachen eingegangen, wobei die Wirtschaftsstrafsachen beim Landgericht Mannheim nicht eingerechnet sind. Das entspricht einem Rückgang von 14 %.
Im Einzelnen:
18.554 Eingänge und 18.578 Erledigungen in Zivilsachen I. Instanz
3.048 Eingänge und 3.062 Erledigungen in Zivilsachen II. Instanz
629 Eingänge und 616 Erledigungen in Strafsachen I. Instanz
2.528 Eingänge und 2.622 Erledigungen in Strafsachen II. Instanz
Die durchschnittliche Verfahrensdauer war wie folgt:
Strafsachen (I. Instanz): 5,5 Monate
Strafsachen (II. Instanz): 5,3 Monate
Zivilsachen (I. Instanz): 7,1 Monate
Zivilsachen (Berufungen): 6,3 Monate
Die Amtsgerichte hatten einen Eingang von 137.781 Rechtssachen in Zivil-, Familien- und Strafsachen (Vorjahr 135.028 Verfahren) und damit eine Steigerung von insgesamt 2 %. Es entfielen 58.454 (Vorjahr 60.155) auf Zivilverfahren, 30.895 (Vorjahr 26.561) auf Familiensachen, 31.611 (Vorjahr 32.310) auf Strafsachen und 16.821 (Vorjahr 16.002) auf Bußgeldverfahren. Damit haben die Zivilverfahren abgenommen, die Familiensachen sind weiter und zwar um 16,3 % angestiegen, die Strafsachen wiederum sind um 2,2 % zurückgegangen. Die Bußgeldverfahren sind dieses Jahr angestiegen und zwar um 5,1 %.
Den Eingängen standen folgende Erledigungen gegenüber:
58.406 Erledigungen in Zivilsachen
29.869 Erledigungen in Familiensachen
31.344 Erledigungen in Strafsachen
16.272 Erledigungen in Bußgeldsachen
Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug:
in Strafsachen: 2,8 Monate
in Zivilsachen: 4,2 Monate
in Familiensachen: 6,8 Monate
Prof. Dr. Hügel