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Rechtsmissbräuchliche Ausnutzung einer Vertragsklausel beim Bonus-Sparen
Datum: 03.07.2009
Kurzbeschreibung:
Die Klägerin, Kundin der in Baden ansässigen beklagten Bank, verlangt von dieser u.a. eine Bonuszahlung in Höhe von ca. 60.000 Euro aus einem 1986 abgeschlossenen Sparvertrag. Die vereinbarte Spardauer betrug 20 Jahre, die monatliche Sparrate mindestens 50 DM (= 25,56 Euro) und das beispielhaft errechnete Sparziel 23.976 DM. 2005 wurde der Vertrag um 5 Jahre verlängert. Nach den vorformulierten Vertragsbedingungen erhält der Sparer neben den jährlich fälligen Zinsen am Ende der Laufzeit eine einmalige Bonuszahlung, gestaffelt nach der Anspardauer, von 5 % bei 7 Jahren über 30 % bei 20-25 Jahren und 40 % ab 25 Jahren. Im Vertrag steht auch, dass der Sparer die Möglichkeit hat, seine monatlichen Sparraten seinen finanziellen Verhältnissen anzupassen. Er kann jederzeit die ursprünglich vereinbarte Sparrate erhöhen oder herabsetzen.
Die Klägerin zahlte bis April 2005, also ca. 17 Jahre lang monatlich 50 DM bzw. 25,56 Euro, von Mai 2005 bis Januar 2007, also knapp zwei Jahre, je 30 Euro und von Februar bis November 2007, also 10 Monate lang 20.000 Euro monatlich, bis sie den Sparvertrag kündigte. Die Klägerin verlangt nun von der Beklagten einen 30 %igen Bonus aus der gesamten Ansparsumme einschließlich der 200.000 Euro, während die beklagte Bank die Auffassung vertritt, die von Februar bis November 2007 gezahlten Beträge seien für den Bonus nicht zu berücksichtigen, und deshalb nur einen erheblich niedrigeren Bonus gezahlt hat.
Das Landgericht Baden-Baden wies die Klage in diesem Punkt ab.
Die Berufung der Klägerin zum Oberlandesgericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Der Senat stellte zwar fest, dass alle monatlichen Ratenzahlungen, auch die deutlich erhöhten des Jahres 2007, monatliche Sparraten im Sinne des Sparvertrages sind, und nicht sogenannte, nach dem Vertrag auch mögliche Zwischeneinzahlungen, für die eine abweichende Bonusregelung gilt. Damit werden alle Zahlungen von der Bonusregelung erfasst.
Obwohl der Vertragswortlaut eindeutig ist, hat die Klägerin aber keinen Anspruch auf den hohen Bonus, da sie rechtsmissbräuchlich handelt, wenn sie sich auf diese Bonusregelung beruft, sie verstößt damit gegen das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben. Sie hat die Sparrate am Ende der Laufzeit massiv erhöht, um trotz der geringen Spardauer den vollen Bonus zu erhalten. Sie hat die für die beklagte Bank nachteilige Bonusregelung nicht nur ausgenutzt, sondern auch zweckentfremdet, denn die Sparraten dienten einer langfristig angelegten Vermögensbildung und gerade nicht zur Kapitalanlage. Dies ergibt sich aus der monatlichen Zahlungsweise, der vereinbarten Spardauer und der Gesamtkonzeption des Vertrages, der für eine Kapitalanlage gerade die Möglichkeit der Zwischeneinzahlung vorsah. Es bestehen keine Zweifel, dass die Klägerin die mangelhafte Vertragsgestaltung als solche erkannt hat und bewusst zu ihrem Vorteil ausnutzen wollte.
Da der Mangel der Vertragsgestaltung von der Beklagten zu verantworten ist, weil sie diese allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst vorformuliert hat, genügt die vorsätzliche Ausnutzung noch nicht, um eine unzulässige Rechtsausübung anzunehmen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Vertragsdurchführung für die Beklagte schlechthin unzumutbar wäre. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem absoluten Betrag des Bonus, dessen Zahlung die beklagte Bank weder in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedrohen noch in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten bringen würde. Die Vertragsdurchführung ist aber deshalb unzumutbar, weil die Klägerin den Irrtum des Vertragsgestalters in besonderem Maße ausgenutzt hat. Die Klägerin hat die monatliche Sparrate auf einen Betrag erhöht, der das ursprüngliche Sparziel des auf 20 Jahre angelegten Vertrags weit übersteigt. Danach hätte die beklagte Bank auf jede der zehn für wenige Monate angelegten Raten einen ähnlich hohen Bonus zu zahlen wie auf das gesamte restliche Guthaben. Diese Vervielfachung des Vertragsumfangs ist schlechthin unzumutbar.
Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn die Bank bei der Vertragsanbahnung mit der Möglichkeit geworben hätte, die Raten und so die Bonuszahlung jederzeit nach Belieben zu erhöhen, brauchte der Senat nicht zu entscheiden, denn die Beweisaufnahme hat eine entsprechende Werbung der Beklagten nicht bestätigt.
Die Revision ist nicht zugelassen worden.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 30. Juni 2009
- 17 U 497/08 -