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Strafverfahren gegen Ernst Zündel Ausschluss der Wahlverteidigerin angeordnet

Datum: 31.03.2006

Kurzbeschreibung: 

 

Dies hat heute der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe aufgrund mündlicher Ver-handlung vom 27.03.2006 entschieden und damit einem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 15.03.2006 entsprochen.

Vor der 6. Großen Strafkammer des Landgerichts Mannheim ist derzeit gegen den sich seit 01.03.2005 in Untersuchungshaft befindlichen Ernst Zündel aufgrund einer Anklage der Staatsanwaltschaft Mannheim vom 17.08.2005 ein Strafverfahren anhängig. Diesem wird hierin vorgeworfen, seit Oktober 2000 von Toronto/Kanada und Pigeon Forge/USA aus über eine von ihm verantwortete Internet-Homepage und durch schriftliche Publikationen, insbesondere von ihm verfasste „Germania-Rundbriefe“, weltweit nazistische und antisemitische Propaganda betrieben zu haben, in welcher er unter anderem in pseudo-wissenschaftlicher Art die Massenvernichtung der Juden und die Existenz von Gaskammern im Dritten Reich geleugnet habe (Vergehen der Volksverhetzung, strafbar nach § 130 Abs.1 bis 4 StGB). Mit Beschluss vom 09.03.2006 hat das Landgericht Mannheim die Hauptverhandlung unterbrochen und dem Oberlandesgericht Karlsruhe die Akten zur Entscheidung vorgelegt, ob die Wahlverteidigerin des Angeklagten, Rechtsanwältin Sylvia S., welche den Angeklagten neben zwei weiteren Wahlverteidigern und drei Pflichtverteidigern vor dem Landgericht Mannheim vertritt, von der Mitwirkung an dem Strafverfahren auszuschließen ist.

Der Senat hat die Ausschließung der Verteidigerin angeordnet, weil diese dringend verdächtig ist, sich unter Missbrauch ihrer Verteidigungsaufgabe der versuchten Strafvereitelung zugunsten des Angeklagten schuldig gemacht zu haben (§ 138a Abs.1 Nr. 3 StPO). Durch ihr Verhalten an den vier Sitzungstagen im Februar/März 2006 habe sie versucht, den Abschluss der beschleunigt zu bearbeitenden Haftsache durch prozessfremdes Verhalten zu sabotieren. So habe sie etwa trotz Entzugs des Rederechts durch den Vorsitzenden Erklärungen mit teilweise strafbarem nationalsozialistischem Inhalt abgegeben und sich während der Befragung des Angeklagten durch den Vorsitzenden eigenmächtig in einer Art „Parallelverhandlung“ fortwährend in einer Rede an die im Gerichtssaal anwesenden Zuhörer gewandt, in welcher sie unter anderem den Holocaust geleugnet und das „Deutsche Reich“ als fortbestehend bezeichnet habe. Die Haftsache habe deshalb an zwei Sitzungstagen  vorzeitig abgebrochen werden müssen.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat der Senat ausgeführt, dass es sich beim Verteidiger um ein an Recht und Gesetz gebundenes Organ der Rechtspflege handele. Dieser habe einen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, dessen Ausführung nicht nur im Interesse des Beschuldigten, sondern auch im Interesse einer am Rechtsstaatsgedanken ausgerichteten Strafrechtspflege liege. Dabei sei er nicht zur Unparteilichkeit verpflichtet, vielmehr dürfe er einseitig zu Gunsten des Beschuldigten handeln und sei berechtigt, dabei an anderen Verfahrensbeteiligten Kritik zu üben. Prozessual zulässiges Handeln des Verteidigers im Interesse sachgerechter Strafverteidigung stelle deshalb grundsätzlich keine Strafvereitelung dar. Seine Stellung als Organ der Rechtspflege bedinge es jedoch, dass der Verteidiger nur verfahrensrechtlich erlaubte Mittel einsetze und sich der Wahrheitserforschung nicht mit unerlaubten Verhaltensweisen hindernd in den Weg stellen könne, weshalb er nur mit prozessadäquaten Mitteln eine Verurteilung des Beschuldigten verzögern dürfe. Mache er deshalb von einem ihm zustehenden prozessualen Recht zugunsten des Beschuldigten Gebrauch, so begründe dies keine Strafbarkeit wegen (versuchter) Strafvereitelung.

Bei seiner Entscheidung ist der Senat vorliegend aber zur Überzeugung gelangt, dass das Verhalten der Verteidigerin nicht mehr als sachbezogene und prozessual zulässige Verteidigertätigkeit eingestuft werden könne, sondern allein dem Ziel gedient habe, das Verfahren vor der 6. Großen Strafkammer des Landgerichts Mannheim gegen Ernst Zündel zu sabotieren und publikumswirksam zur „Farce“ zu machen. Hieraus rechtfertige sich der Verdacht einer versuchten Strafvereitelung und begründe die Ausschließung der Verteidigerin vom weiteren Verfahren.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Die Verteidigerin kann hiergegen binnen einer Frist von einer Woche nach Zustellung sofortige Beschwerde einlegen, über welche der Bundesgerichtshof zu entscheiden hat.

Oberlandesgericht  Karlsruhe, Beschluss vom 31. März 2006
-  3 Ausschl. 1/06 -

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Hinweis auf den Gesetzestext :
STPO § 138a
(1) Ein Verteidiger ist von der Mitwirkung in einem Verfahren auszuschließen, wenn er dringend oder in einem die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigenden Grade verdächtig ist, dass er
1.  an der Tat, die den Gegenstand der Untersuchung bildet, beteiligt ist,
2.  den Verkehr mit dem nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten
     dazu mißbraucht, Straftaten zu begehen oder die Sicherheit einer
    Vollzugsanstalt erheblich zu gefährden, oder
3. eine Handlung begangen hat, die für den Fall der Verurteilung des
    Beschuldigten Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei wäre
.

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