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"Ehebruch schon in der Hochzeitsnacht?" - zur Größe der Gegendarstellung auf der Titelseite einer Illustrierten
Datum: 07.07.2006
Kurzbeschreibung:
Der Kläger ist ein bekannter deutscher Schauspieler, die Klägerin seine Ehefrau. Auf der Titelseite von Heft 9/06 der von der Beklagten herausgegebenen Zeitschrift „Neue Woche“ wurde mit den Worten
„L.
Ehebruch schon in der Hochzeitsnacht?
Sein Freund hat es erzählt“
und unter Verwendung eines die beiden Kläger und ihre Tochter zeigenden Bildes auf einen Artikel im Innern des Heftes hingewiesen. Wegen dieser Veröffentlichung haben beide Kläger in getrennten Verfahren beim Landgericht Offenburg beantragt, die Beklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zum Abdruck einer Gegendarstellung zu verpflichten. Das Landgericht hat in beiden Verfahren die Beklagte verurteilt, auf der Titelseite der nächsten Ausgabe der „Neue Woche“ eine Gegendarstellung abzudrucken, bei der die Schriftgröße gegenüber der Erstmitteilung nur in der Weise reduziert werden durfte, dass der Abdruck die gleiche Fläche wie die Erstmitteilung einnimmt.
In beiden Verfahren hat die Beklagte Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe - 14. Zivilsenat in Freiburg - hat die beiden Berufungsverfahren verbunden. Die Berufungen hatten nur in geringem Umfang Erfolg.
Das Oberlandesgericht hat die Beklagte verurteilt, auf der Titelseite folgende Gegendarstellung abzudrucken:
Gegendarstellung |
||
Auf der Titelseite von „Neue Woche“ Nr. ... schreiben Sie: |
||
Hierzu stelle ich, H.L., fest: |
Hierzu stelle ich, V.L., fest: |
|
Weder in der Hochzeitsnacht noch zu einem späteren Zeitpunkt habe ich Ehebruch begangen. Berlin, 01. März 2006 H.L. |
Mein Mann hat in der Hochzeitsnacht keinen Ehebruch begangen. Vielmehr habe ich die gesamte Hochzeitsnacht mit ihm verbracht. Berlin, 01. März 2006 V.L. |
Dabei hat es der Beklagten aufgegeben, dass die Schriftgröße gegenüber der Erstmitteilung lediglich in der Weise reduziert sein darf, dass der Abdruck nicht weniger als 150 % der Fläche des Textteils der Erstmitteilung einnimmt.
Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass das Landgericht in beiden Fällen die Voraussetzungen eines Gegendarstellungsanspruchs zu Recht bejaht hat, weil es sich bei der inkriminierten Äußerung um eine gegendarstellungsfähige Tatsachenbehauptung handelt. Zwar ist ihr erster Teil als Frage formuliert, dabei handelt es sich jedoch um eine rhetorische Frage, was sich aus dem Kontext ergibt. Die sich der Frage anschließende Mitteilung „Sein Freund hat es erzählt“ kann als bejahende Antwort durch den sich Äußernden selbst interpretiert werden, weil sie als Hinweis auf eine sichere Quelle zu verstehen ist.
Beiden Klägern steht ein Anspruch auf Abdruck einer eigenen Gegendarstellung zu. Die Betroffenheit des Klägers stimmt nur zum Teil mit der der Klägerin überein, denn der Klägerin ist anders als dem Kläger selbst eine authentische Stellungnahme zu dessen Verhalten nur in Bezug auf die zeitlich exakt eingrenzbare Hochzeitsnacht möglich, nicht aber hinsichtlich der nicht näher bestimmten Zeit danach.
Erfolg hat die Berufung, soweit sie sich dagegen wendet, dass der Abdruck beider Gegendarstellungen auf einer Titelseite bei Verwendung der erstinstanzlich angeordneten Schriftgröße die gesamte Seite einnehmen würde, was deren „Zerstörung“ zur Folge hätte. Auf Tatsachenbehauptungen, die auf der Titelseite erschienen sind, kann aus Gründen der Waffengleichheit auch auf der Titelseite erwidert werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Pressefreiheit aber nur dann Rechnung getragen, wenn die Titelseite durch Umfang und Aufmachung der Gegendarstellung nicht ihre Funktion verliert, eine Identifizierung des Blattes zu ermöglichen, die als besonders wichtig erachteten Mitteilungen aufzunehmen und das Interesse des Publikums zu erregen. Die Kläger haben daher eine gewisse Reduzierung der Schriftgröße hinzunehmen, was allerdings nicht zu einer Entwertung der Gegendarstellung führen darf. Weiter haben sie es hinzunehmen, dass vermeidbare Wiederholungen ohne zusätzlichen Informationswert vermieden werden. Deshalb genügt der einmalige Abdruck des identischen Hinweises auf die Erstmitteilung und die Beschränkung des Raumes der Gegendarstellung auf nicht weniger als 150 % der Fläche des Textteils der Erstmitteilung.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 07. Juli 2006 - 14 U 86/06 -