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Erwerber von Immobilienfonds fechten erfolglos Vergleich mit Sparkasse an
Datum: 06.12.2005
Kurzbeschreibung:
Beim Oberlandesgericht Karlsruhe und dem Landgericht Mannheim sind zahlreiche Verfahren anhängig, in denen die Erwerber von Immobilienfonds versuchen, im ersten Quartal des Jahres 2004 geschlossene Vergleiche mit der Sparkasse Rhein Neckar Nord anzufechten. Der Senat hat hier im Einverständnis mit den Parteien vier von diesen ausgewählte Musterverfahren verhandelt.
Die Rechtsvorgängerin der beklagten Sparkasse hatte den Klägern Darlehen für den Erwerb von Immobilienfonds gewährt. Zur Durchführung und Abwicklung des Anlagengeschäfts einschließlich der Finanzierung hatten die Kläger Ende 1992 eine SteuerberatungsGmbH mit notarieller Urkunde beauftragt und ihr darin umfassende Vollmacht erteilt. Die SteuerberatungsGmbH schloss, ohne über eine Erlaubnis zur Rechtsberatung zu verfügen, für die Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten Darlehensverträge ab, wobei der Beklagten lediglich eine beglaubigte Abschrift der Vollmachtsurkunde vorlag. Die Kläger leisteten bis 2004 Zinszahlungen an die Beklagte. Teilweise im Februar 2004, teilweise erst Ende April 2004 unterbreitete die Beklagte den Klägern ein einmaliges und befristetes Angebot zum Abschluss eines Vergleichs, in dem es u. a. heißt: ......
wie Ihnen vermutlich bekannt ist, haben einige anwaltlich vertretene Kreditnehmer gegen die Sparkasse Klage eingereicht, in welchen u.a. die Wirksamkeit der Treuhand-Vollmacht, die Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsgesetzes und die Verletzung von Aufklärungspflichten gerichtlich überprüft werden sollen. Insbesondere seien die Kreditverträge wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat nunmehr mit mehreren Grundsatzurteilen vom 20.01.2004, AZ: ...... die Wirksamkeit der Kreditverträge bestätigt und die Ansprüche der Kreditnehmer abgewiesen. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass die Urteile noch nicht rechtskräftig und keine Ausführungen zu den übrigen vorstehenden Rechtseinwendungen enthalten.
Die Kläger unterzeichneten den vorbereiteten Vergleichstext, darin anerkannten sie die bestehende Kreditschuld, verzichteten auf alle bekannten und unbekannten Einwendungen aus dem Kreditverhältnis gegenüber dem Beklagten, im Gegenzug ermäßigte die Beklagte die Darlehenssumme und gewährte einen Darlehenssonderzins von 6 %.
Ende des Jahres 2004 ließen die Kläger ihre Willenserklärungen durch Anwaltsschreiben wegen arglistiger Täuschung über die tatsächliche Rechtslage und die angebliche Wirksamkeit der Darlehensverträge anfechten. Der ursprüngliche Darlehensvertrag sei mangels wirksamer Vertretungsmacht der Geschäftsbesorgerin wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam. Die beklagte Sparkasse müsse daher die erbrachten Zinsleistungen zurückzahlen. Der Bundesgerichtshof hatte mit Urteil vom 20.04.2004 (XI ZR 164/03) entschieden, dass die Vorlage einer Selbstauskunft, einer Einzugsermächtigung sowie einer Notarbestätigung durch den Geschäftsbesorger gegenüber der Bank nicht eine Duldungsvollmacht zum Abschluss von Darlehensverträgen begründen kann.
Das Landgericht Mannheim hat die Klagen abgewiesen.
Die Berufung der Kläger zum Oberlandesgericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Eine arglistige Täuschung der Beklagten liegt weder durch positives Tun noch durch Unterlassen vor. Über die Rechtslage im engeren Sinn hat die Beklagte in ihrem Vergleichsangebot keine Aussage gemacht. Sie hat vielmehr dort ihren eigenen Rechtsstandpunkt vertreten. Das ist nicht anstößig und auch nicht zur Irreführung geeignet. Nach dem maßgeblichen Verständnishorizont eines durchschnittlichen Empfängers des Vergleichsangebots vermittelte das Schreiben der Beklagten nicht den Eindruck, die Rechtslage sei durch die vier Grundsatzurteile des Senats zu ihren Gunsten definitiv und dauerhaft geklärt. Vielmehr weist die Beklagte unmissverständlich darauf hin, dass das vom Oberlandesgericht gefundene Ergebnis nur vorläufiger Natur sei, weil die Urteile noch nicht rechtskräftig sind. Eine allgemeine Pflicht zur Offenbarung von Umständen, die für die Entschließung des anderen Teils eines Vertrages von Bedeutung sein können, besteht nicht. Die Beklagte durfte mit dem Vergleichsangebot eigene Interessen verfolgen, was einschließt, dass sie ihre eigene Position günstig darstellen und beurteilen durfte. Die Kläger wurden davon in Kenntnis gesetzt, dass in den rechtlichen Auseinandersetzungen das letzte Wort noch nicht gesprochen war. Ein Anfechtungsgrund folgt auch nicht daraus, dass die Information insoweit einseitig war, als die Beklagte nicht auf andere obergerichtliche Entscheidungen hingewiesen wurden. Die Kläger konnten nämlich ohne weiteres, gegebenenfalls unter Inanspruchnahme von anwaltlichem Rat, in Erfahrung bringen, wie der Stand der Rechtsprechung zu den streitigen Rechtsfragen war.
Eine zur Anfechtung berechtigte Täuschung liegt auch nicht darin, dass die Beklagte den Klägern den geänderten Darlehensvertrag im Juni 2004 zur Unterschrift sandte, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt möglicherweise schon damit rechnete, dass die Urteile des Senats vom 20.01.2004 höchstrichterliche Überprüfung nach Maßgabe der Entscheidungen des 1. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 20.04.2004 nicht standhalten würden. Die Unterzeichnung des neuen Darlehensvertrages diente nämlich nur dem Vollzug des bereits im März 2004, also vor der fraglichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs, geschlossenen Vergleichs.
Auch in den Fällen, in denen die Beklagte das Vergleichsangebot erst Ende April 2004 an die Kläger richtete, also nachdem die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.04.2004 ergangen war, besteht kein Grund für eine Anfechtung. Zu diesem Zeitpunkt war nämlich lediglich das Ergebnis der Revisionsverfahren, nicht jedoch die Begründung der Revisionsurteile bekannt. Die Verfahrensbeteiligten und erst recht die Beklagte kannten die tragenden Erwägungen des Revisionsgerichts bis zur Einstellung der Urteile ins Internet am 05.06.2004 nicht. Erst ab diesem Tag bestanden für die Beklagte hinreichende Zweifel, ob die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe einer revisionsgerichtlichen Überprüfung würde standhalten können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bis zu diesem Zeitpunkt war nämlich die Annahme einer allgemeinen Rechtsscheinsvollmacht nicht ausgeschlossen. Die Wirksamkeit des Vergleichs kann mit Erfolg auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten in Zweifel gezogen werden.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteile vom 06.12.2005 - 17 U 169/05, 144/05, 164/05,149/05