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Ernst Zündel bleibt in Untersuchungshaft
Datum: 15.12.2005
Kurzbeschreibung:
Der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat im Rahmen einer routinemäßig stattfindenden besonderen Haftprüfung (§ 121 Abs. 1 StPO) die Fortdauer der Untersuchungshaft gegen den 66-jährigen Ernst Zündel angeordnet, welcher sich seit 01.03.2005 aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Mannheim vom 17.02.2003, ersetzt durch einen Haftbefehl des Landgerichts Mannheim vom 17.08.2005, in Untersuchungshaft befindet. Am 27.06.2005 hat die Staatsanwaltschaft Mannheim Anklage zum Landgericht Mannheim erhoben.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, von Toronto/Kanada und Pigeon Forge/USA aus seit Oktober 2000, zuletzt im Februar 2003 über eine von ihm verantwortete Internet-Homepage und durch schriftliche Publikationen, insbesondere von ihm verfasste „Germania-Rundbriefe“, weltweit nazistische und antisemitische Propaganda betrieben zu haben, in denen er unter anderem in pseudo-wissenschaftlicher Art die Massenvernichtung der Juden und die Existenz von Gaskammern im Dritten Reich geleugnet habe (Vergehen der Volksverhetzung, strafbar nach § 130 Abs.1 bis 4 StGB).
Der Senat hat das Vorliegen des dringenden Tatverdachts und der weiteren Haftvoraussetzungen bejaht. Als Haftgrund bestehe Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Auch die besonderen Haftvoraussetzungen lägen vor, da das Verfahren mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt werde. Die Aussetzung der Hauptverhandlung durch die mit der Sache befasste Strafkammer des Landgerichts Mannheim am 15.11.2005 rechtfertige keine andere Beurteilung. Diese Entscheidung sei nämlich geboten gewesen, um den Angeklagten nach Zurücknahme der Bestellung seiner bisherigen Pflichtverteidigerin einen geeigneten Beistand zu sichern und einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu gewährleisten. Aufgrund des umfangreichen Verfahrenstoffes - 34 Aktenbände - benötige der neue Pflichtverteidiger Zeit, um sich in die Sache einarbeiten zu können. Dies sei bei laufender Hauptverhandlung nicht möglich.
Zugleich hat der 3. Strafsenat die Beschwerde des Angeklagten gegen die am 07.11.2005 erfolgte Zurücknahme der Bestellung einer bisherigen Pflichtverteidigerin durch das Landgericht Mannheim zurückgewiesen, weil diese in der Hauptverhandlung und in Schriftsätzen Erklärungen abgegeben habe, welche selbst einem strafbewehrten Leugnen des Holocaust nahe kämen. Durch dieses verteidigungsfremde Verhalten habe sie gezeigt, dass sie keine - wie für eine Pflichtverteidigung aber erforderlich - unabhängige Fürsprecherin des Angeklagten sei, sondern ihr die notwendige Distanz zu dem gegen den Angeklagten erhobenen Vorwurf der Volksverhetzung fehle.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 14.12.2005 - 3 Ws 506/05 u.a.-
Hinweis auf den Gesetzestext :
STGB § 130 Volksverhetzung a.F.
(die Fassung des § 130 StGB vom 13.11.1998 kann auf Anfrage übersandt werden)
Fassung: 26. Juni 2002
Gültig ab 30. Juni 2002 bis 31. März 2004
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder
Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er Teile der
Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. Schriften (§ 11 Abs. 3), die zum Haß gegen Teile der Bevölkerung oder
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum
bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen
gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch
angreifen, daß Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete
Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet
werden,
a) verbreitet,
b) öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich
macht,
c) einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überläßt oder
zugänglich macht oder
d) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt,
anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie
oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Buchstaben
a bis c zu verwenden oder einem anderen eine solche
Verwendung zu ermöglichen, oder
2. eine Darbietung des in Nummer 1 bezeichneten Inhalts durch
Rundfunk verbreitet.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.
(4) Absatz 2 gilt auch für Schriften (§ 11 Abs. 3) des in Absatz 3 bezeichneten Inhalts.
(5) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit Absatz 4, und in den Fällen des Absatzes 3 gilt § 86 Abs. 3 entsprechend.