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Europäischer Tag der Justiz in der "Residenz des Rechts"
Datum: 29.10.2015
Kurzbeschreibung:
OBERLANDESGERICHT und LANDGERICHT
KARLSRUHE
PRESSESTELLEN
Europäischer Tag der Justiz in der „Residenz des Rechts“
Die Karlsruher Justizbehörden sind Gastgeber des diesjährigen Europäischen Tages der Justiz am 30.10.2015.
Der Europäische Tag der Justiz wurde im Jahr 2003 gemeinsam von Europarat und Europäischer Kommission ins Leben gerufen. In diesem Jahr findet die zentrale deutsche Veranstaltung in Karlsruhe statt. Der Europäische Tag der Justiz soll dazu beitragen, das europäische Rechtssystem verständlich zu machen und den fachlichen Austausch zwischen Praktikern und Experten der Mitgliedsstaaten zu fördern.
Im Landgericht Karlsruhe wird am Vormittag ein fiktiver Rechtsstreit nacheinander vor einem deutschen, einem französischen und einem belgischen Gericht verhandelt werden. Es geht dabei um einen Verbraucher, der über das Internet im Ausland ein Handy gekauft hat und sich nun mit dem Händler über Mängel am Gerät streitet. Als Zuschauer nehmen ausgewählte Schülerinnen und Schüler aus Karlsruhe sowie Studierende aus Belgien und Frankreich teil, denen durch die Prozesssimulationen die Bedeutung der europäischen Rechtsetzung auf dem Gebiet des Zivilrechts anschaulich gemacht werden soll. Die Moderation übernimmt der ARD-Rechtsexperte Dr. Frank Bräutigam.
Am Nachmittag erörtern im Oberlandesgericht Karlsruhe hochrangige Fachleute aus Deutschland und den diesjährigen Partnerländern Frankreich und Belgien sowie Vertreter verschiedener europäischer Institutionen aktuelle europarechtliche Fragestellungen mit deutschen, französischen und belgischen Praktikern.
Von hoher Brisanz ist dabei etwa die Frage nach dem Umgang mit grenzüberschreitendem Terrorismus durch Rückkehrer aus dem Syrien-Irak-Konflikt. Terrorismusexperten der Europäischen Kommission, aus Belgien, Frankreich und Deutschland diskutieren darüber, ob die europäischen Staaten insoweit einer Bedrohung ausgesetzt sind und welche weiteren Schritte erforderlich sind.
Von großer praktischer Bedeutung für die zunehmende Zahl der grenzüberschreitenden Rechtsfälle sind die zivilrechtlichen Themen, das neue Europäische Zivilprozessrecht (Brüssel Ia) und die neue EU-Erbrechtsverordnung. Mit der Verordnung „Brüssel Ia“ wird eine neue Qualität der gegenseitigen Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen erreicht. Bisher mussten Entscheidungen von Zivilgerichten des europäischen Auslands durch ein inländisches Gericht anerkannt werden. Mit der neuen Verordnung ist klar: Zivilgerichtliche Urteile werden im vereinten Europa anerkannt und können vollstreckt werden. Wer also von einem spanischen Gericht zu Schadensersatz verurteilt wurde, muss auch in Deutschland mit der unmittelbaren Vollstreckung dieses Urteils rechnen. Auch grenzüberschreitende Erbfälle gehören längst zum europäischen Alltag. Wenn ein Deutscher in Frankreich verstirbt und dort ein Ferienhaus zu vererben hat, aber auch in Deutschland oder weiteren Mitgliedsstaaten über Vermögen verfügt, kann die Frage nach dem anwendbaren Recht schwierig werden. Hier soll die neue EU-Erbrechtsverordnung Einheit und Klarheit schaffen, damit Europas interne Grenzen auch im Erbrecht verschwinden.
Höhepunkt der Veranstaltung wird am Abend der Festakt im Gartensaal des Karlsruher Schlosses sein. Nach Grußworten des baden-württembergischen Justizministers Rainer Stickelberger, des neuen Generalbundesanwaltes Peter Frank und von Repräsentanten der Justizministerien der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs und Belgiens sowie der Europäischen Kommission wird die Präsidentin des Bundesgerichtshofs, Bettina Limperg, in einem Festvortrag beleuchten, welche Herausforderungen der internationale Rechtsverkehr für die staatliche Justiz bietet.