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Kläger erhält 25.000 EUR Schmerzensgeld für rechtswidrige Unterbringung in psychiatrischer Klinik
Datum: 19.11.2015
Kurzbeschreibung:
Der damals 38-jährige Kläger wurde am 15.06.2007 von
Polizeibeamten in eine psychiatrische Klinik gebracht. Die Beklagte
ist die Trägerin dieser Klinik. Ärzte der Klinik
beantragten beim zuständigen Amtsgericht Konstanz die
Anordnung der Unterbringung des Klägers wegen einer
„Psychose mit Verfolgungswahn“. Es sei von
„Fremd- und Eigengefährdung“ auszugehen. Das
Amtsgericht Konstanz ordnete in mehreren Beschlüssen die
Unterbringung des Klägers in der psychiatrischen Klinik an.
Aufgrund dieser Entscheidungen blieb der Kläger bis zum
11.08.2007 gegen seinen Willen in der Klinik und wurde in dieser
Zeit zwangsweise medikamentös behandelt. Nach Entlassung des
Klägers wurde auf dessen Antrag im Beschwerdeverfahren
festgestellt, dass die Unterbringung rechtswidrig gewesen sei. Die
Voraussetzungen einer Unterbringung hätten nach den
Vorschriften des Unterbringungsgesetzes nicht vorgelegen.
Der Kläger verlangte Schmerzensgeld und Schadensersatz im
Wege der Amtshaftung für die durch die Unterbringung
erlittenen Beeinträchtigungen. Zu der rechtswidrigen
Unterbringung sei es nur auf Grund fehlerhafter ärztlicher
Zeugnisse der verantwortlichen Ärzte gekommen.
Das Landgericht Konstanz hat die Klage abgewiesen, weil eine Amtspflichtverletzung der Ärzte nicht erkennbar sei. Dieses Urteil hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe nunmehr aufgehoben und dem Kläger für die knapp zweimonatige Unterbringung und zwangsweise medikamentöse Behandlung ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 EUR zugesprochen. Eine Amtspflichtverletzung der Ärzte liege vor. Bei der Ausstellung der für die Unterbringung notwendigen ärztlichen Zeugnisse seien von den Ärzten grundlegende fachliche Standards missachtet worden. Für eine Gefährdungsprognose im Sinne einer Eigen- und Fremdgefährdung habe es keine Grundlage gegeben. Unter diesen Umständen komme es nicht darauf an, ob bei dem Kläger zum Zeitpunkt der Unterbringung eine psychische Erkrankung vorgelegen habe, da eine psychische Erkrankung für sich allein - ohne Eigen- oder Fremdgefährdung - keine zwangsweise Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik rechtfertigen könne. Schadensersatz für materielle Schäden wurde dem Kläger nur insoweit zugesprochen, als eine Verursachung der behaupteten finanziellen Einbußen durch die rechtswidrige Unterbringung nachzuweisen war. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom
12.11.2015
- 9 U 78/11 -
Unterbringungsgesetz Baden-Württemberg (gültig
bis 31.12.2014)
§ 1 (1) Psychisch Kranke
können gegen ihren Willen in einer nach §
2 anerkannten Einrichtung untergebracht werden, wenn sie
unterbringungsbedürftig sind.
…
(4) Unterbringungsbedürftig sind psychisch Kranke, die infolge ihrer Krankheit ihr Leben oder ihre Gesundheit erheblich gefährden oder eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für Rechtsgüter anderer darstellen, wenn die Gefährdung oder Gefahr nicht auf andere Weise abgewendet werden kann.