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Freispruch für AfD-Funktionär
Datum: 22.05.2017
Kurzbeschreibung:
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat den Sprecher des Kreisverbandes Pforzheim-Enzkreis der Partei Alternative für Deutschland (AfD) vom Vorwurf der Billigung von Straftaten (§ 140 Strafgesetzbuch - StGB) freigesprochen.
Der Angeklagte hatte im Sommer 2015 für kurze Zeit auf der öffentlich zugänglichen Facebook-Seite des AfD-Kreisverbandes Pforzheim-Enzkreis einen von FOCUS Online zurückgewiesenen Beitrag im Zusammenhang mit Brandanschlägen auf Flüchtlingsheime eingestellt, der folgende Passage enthielt:
„Es einfach zu billig überall einen rechten Hintergrund zu vermuten, denn dann wäre die NPD längst in allen Parlamenten vertreten. Ist es nicht so, dass den Anwohner oder Bewohnern einer Kommune alternativlos - wie immer - eine Einrichtung vor die Nase gesetzt wird, die sie einfach nicht haben wollen und deshalb in Form von zivilen Ungehorsam die geplanten Flüchtlingsunterkünfte einfach abfackeln? Dass dies im Osten häufiger passiert als im Westen ist auch klar: Die Ossis lassen sich nicht einfach mehr so hirnwasche wie die Wessis und sie akzeptieren diese Bevormundung durch Obrigkeiten nach der erfolgreichen Beseitigung des Unrechtsstaates DDR einfach nicht mehr tatenlos. Es verhält sich im Prinzip genauso wie mit den Atommüllendlagern im Westen - waren die Gegner auch Rechts?“
Vom Amtsgericht Pforzheim und vom Landgericht Karlsruhe - Auswärtige Strafkammer Pforzheim - wurde der Angeklagte deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach der Bewertung des Landgerichts habe der Angeklagte mit seinem bewusst gewählten Vergleich zwischen dem „Abfackeln“ von Flüchtlingsunterkünften im Osten und dem Widerstand der damaligen Atommüllendlagegegner im Westen, dem Begriff des zivilen Ungehorsams sowie mit seinem Unverständnis über die Ablehnung seines Beitrags durch FOCUS Online willentlich den Eindruck erweckt, dass es zu den in Form zivilen Ungehorsams verübten Brandanschlägen keine Alternative gebe und er diese Taten gutheiße.
Der 2. Strafsenat ist dieser Interpretation in seiner die vorinstanzliche Verurteilung aufhebenden - rechtskräftigen - Entscheidung nicht gefolgt.
Er hat dabei im Anschluss an Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs betont, dass § 140 StGB als Meinungsäußerungsdelikt wegen der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit (Art. 5 Grundgesetz - GG) restriktiv auszulegen ist. Ein Billigen setzt danach eine aus sich heraus verständliche unzweifelhafte Kundgabe der Zustimmung in der Weise voraus, dass der Äußernde sich moralisch hinter die Straftat stellt. Das ist bei einer Auseinandersetzung mit möglichen Ursachen der Bezugstat nicht der Fall.
Die Betonung des kausalen Zusammenhangs zwischen angeblich bevormundendem staatlichem Handeln und Reaktionen aus der Bevölkerung in dem - vom Senat als polemisch und erkennbar nicht faktenbasiert bewerteten - Beitrag des Angeklagten hat indes nach der Auffassung des Senats nach durchschnittlichem Verständnishorizont nicht ausschließbar einen nur beschreibenden Charakter, ohne dass damit eindeutig eine Rechtfertigung der Begehung von Brandanschlägen verbunden war.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 11. Mai 2017 - 2 Rv 9 Ss 177/17
Relevante Vorschriften
§ 140 StGB Belohnung und Billigung von Straftaten
Wer eine der […] in § 126 Abs. 1 genannten rechtswidrigen Taten [dazu gehören auch Brandstiftungsdelikte] […], nachdem sie begangen oder in strafbarer Weise versucht worden ist,
1. […]
2.in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich […] billigt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.